www.albrecht-reuss.de | Stand: 08.12.2008 | Impressum
Ich fahre kein Auto. Führe ich eines, würde
ich vielleicht gelassener mit meinem Computer umgehen. Denn einen zwei
Wochen alten Rechner zu haben ist nur in etwa vergleichbar mit dem Besitz
eines zwanzig Jahre alten Autos: Man steckt Geld rein und Geld rein und
Geld rein, doch das Ding wird einfach nicht ganzer.
Mein zwei Wochen alter Rechner wird von mir liebevoll
als „Rumpelkiste“ bezeichnet, da es in Kreisen, die regelmäßig
einen solchen Kasten benutzen wollen, üblich geworden ist, sich täglich
einen neuen zu kaufen, da sich die Technik in einer solch irrsinnigen Geschwindigkeit
überholt, dass alles andere zwangsläufig zum vollständigen
Zusammenbruch führen muss. Nicht nur des Systems. Auch der Nerven.
So wie bei mir.
Nachdem ich nun zwei Wochen lang mit meinem Rechner ausgesprochen
glücklich gewesen war, kam ich auf die aberwitzige Idee, ihn zu benutzen.
Ich fuhr ihn hoch und runter und hoch und runter, bis mir das langweilig
wurde, und Übermut in mir aufstieg. Ich dachte: Diesem Kasten muss
doch noch mehr zu entlocken sein!
Und wie! Doch nach einigen Stunden einfachster Zubehör-Spiele
wurde auch dieses Zeug zu öde, und ich begann langsam, wirklich große
Pläne zu schmieden. Internet! Dieser Mythos, dieses Faszinosum, diese
große Idee einer gerechten Welt, in der alle wirklich gleich sind,
dieses unerschöpfliche Sammelsurium an unnützen Infos, gleichsam
ein Abbild der sich noch findenden Welt – diese großartige Vision
leuchtete mit einem Mal wie ein nächtliches Reklameschild vor meinem
geistigen Auge auf. Internet! dachte ich, Internet, ich komme!
Damit begann der Untergang.
Ich kaufte ein Kabel für die bereits vorhandene
ISDN-Anlage, stöpselte es in derselben ein und suchte an meinem Rechner
vergebens nach einem adäquaten Gegenstück.
Mist, dachte ich bei mir, zwei Wochen alt!
Damit gestand ich im Grunde schon ein, dass nichts mehr
an einem neuen Rechner vorbei führen würde. Indes wollte ich
es noch nicht wahrhaben. Zwei Wochen! Da musste sich doch durch kleinere
Änderungen und Aufstockungen noch etwas machen lassen.
Also pendelte ich einige Tage lang zwischen Schreibtisch
und verschiedenen Computerfachgeschäften hin und her, kaufte wie wild
und ließ mich ausführlich beraten. Die längste Beratung
bestand aus einem Kopfschütteln. Das war, als ich an einen Verkäufer
geraten war, der zuvor einen „Der Kunde ist König! Bringen Sie Ihre
ganze Erfahrung auch an den einfachen Mann!“-Kursus der IHK besucht hatte.
Die üblichen Beratungen zuvor bestanden nur aus stummem Nicht-Nicken.
Daher konnte mir auch keiner sagen, was genau ich tun
musste, um meinen Rechner ans Internet, also in diesem Fall an dieses poblige
Kabel ranzukriegen. Die ganze Computerwelt besteht meinem Empfinden nach
aus einer einzigen großen Ausprobiererei. Wer viel probiert hat,
ist ein Fachmann. Ich war wohl auf dem besten Weg dorthin.
Für das Kabel kaufte ich eine Karte, die einen neuen
Kabeleingang bereithält. Die Karte allerdings war nicht mit dem Betriebssystem
konform. Ich klaute ein neues Betriebssystem, wonach meine Grafikkarte
ausfiel (und nebenbei der Drucker nur noch Herzchen druckte). Ich ersetzte
die Grafikkarte und war wieder so glücklich wie in den ersten zwei
Wochen. Denn nun ging überhaupt nichts mehr (bis auf den Drucker,
der nicht mehr aufhörte, Herzchen zu drucken).
Es ging so langsam ans eingemachte. Ich kaufte neue Speicherbausteine,
um die Grafikkarte zu unterstützen, doch die passten nicht zum Maustreiber,
der neue Maus-treiber nicht zur Tastatur, die neue Tastatur nicht zum Prozessor,
der neue Prozessor nicht zum Motherboard („Mutterbrett“ für Nicht-Fachleute,
aber genauer weiß ich auch nicht, was das ist), das neue Motherboard
nicht zum Gehäuse, das neue Gehäuse nicht zum Kühler, der
neue Kühler nicht zum Netzteil, das neue Netzteil nicht zum 230 Volt-Netz,
der neue Diesel-Generator nicht zum Zimmer und das neue Zimmer nicht ins
Haus.
So langsam machte ich mir meine Gedanken.
Ich fragte mich, ob angesichts der Kosten für ein
neues Haus nicht doch vielleicht der Kauf eines neuen Komplettpakets im
Sonderangebot günstiger sein würde. Doch alleine und völlig
ohne Fachwissen konnte ich diese Entscheidung natürlich nicht treffen.
Ich wollte mich noch einmal wirklich gründlich beraten lassen.
Ich ging ins Geschäft (während zu Hause der
Drucker wie wild durch die Gegend hüpfte und Herzchen auf die Tapete
druckte) und fragte: „Soll ich einen neuen Rechner kaufen?“ Und siehe da:
Ich bekam die ausführlichste und differenzierteste Beratung in meinem
ganzen Rechner-Besitzer-Leben. Der Verkäufer nickte nicht nur, nein,
er nickte erkennbar!
Das überzeugte mich. Ich kaufte einen neuen Rechner
im Komplettpaket, was einem immerhin eine reelle Chance einräumt,
dass er läuft, baute ihn auf und habe nun schon zwei Wochen große
Freude an ihm. Doch so langsam hätte ich gute Lust, ihn auch mal anzuschalten.