www.albrecht-reuss.de | Stand: 08.12.2008 | Impressum
Warum Dortmund plötzlich in Grün spielt und
Köln in der Bundesliga bleibt, damit Braun mehr Kohle kriegt. Oder:
Ein großes Mißverständnis.
Da wollte ich nun also zum Hallenturnier in die Dortmunder
Westfalenhalle. Nun ist es da aber so, daß es viele Eingänge
gibt und das ziemlich verwirrend ist, und so bin ich wohl nicht ganz richtig
gewesen.
Ich bin der Masse hinterhergelaufen, und dann hat die
Masse auch noch von hinten geschoben, mich in einen kleinen Raum rein,
wo überall Kameras und Fotografen waren. Da dachte ich, hier isses
spannend, da is zwar kein Fußball, aber sicher VIPs.
Die Frau am Eingang fragte mich, ob ich Mitglied des
Kreisverbandes sei, und ich sagte ja, weil ich einer mit Ja-Sager-Syndrom
bin (ich kann nicht nein sagen), und trug mich in die Liste ein. Vielleicht
kann man ja was gewinnen. Kreisverband irritierte mich etwas, ich hatte
eher an Bundesliga gedacht.
Und dann war das so, daß ich ein Kärtchen
bekam, da stand drauf: Stimmkarte Nr. 27, mit der wußte ich nichts
richtiges Anzufangen. Da stand auch noch drauf: „Die Grünen“, dabei
spielt der BVB doch in Gelb!
Aber dann sagte ein Mann vom Fernsehen: „Wo ist denn
die Basis? Heben Sie doch alle mal ihre Kärtchen hoch!“, und da wußte
ich, wofür die da waren. Ich hielt die Karte hoch. Dann kam der Mann
vom Fernsehen und einer mit der Kamera auf mich zu, und der Mann fragte:
„Pro oder contra Koalition?“
Koalition? Das mußte wohl Köln heißen,
und ich sagte: „Die sollen ruhig absteigen!“
„Also raus?“
„Ja, raus!“
Ich fand das unheimlich spannend, auch wenn ich nicht
kapierte, warum hier über Köln gesprochen werden sollte.
Dann sagte vorne an dem Tisch ein Mann etwas, den ich
noch nie in der Sportschau gesehen hatte. Er sprach wieder von Grünen
und diesmal auch von Roten, also Kölnern, und auch was von Garzweiler
und Mönchengladbach. Garzweiler – hieß so nicht der Präsident
von 1860 München?
Ich versuchte mir einen Reim auf die Geschehnisse zu
machen. Offensichtlich ging es in der Diskussion um den Spieler Braun,
der mal in Köln spielte und mehr Kohle will. Und die will er von Garzweiler
und seinem 1860 oder noch lieber von Mönchengladbach. Düsseldorf
kam auch immer wieder ins Gespräch, und sogar Bonn, aber zu dem Regionalligisten
Bonner SC möchte Braun doch sicher nicht, Kohle hin oder her.
Und was ich auch nicht verstand, war, was das alles damit
zu tun hatte, ob Köln raus mußte aus der Bundesliga oder nicht.
Die Anwesenden stritten richtig hitzig um diesen Braun,
aber irgendwie konnten sie sich nicht so richtig einigen, und immer wieder
stand vorne eine rüstige Dame auf und sagte laut: „Ich werde das verhindern!
Aber nur, wenn Köln drin bleibt!“
Aha, dachte ich, Braun geht nicht nach Gladbach und nicht
nach München, sondern nach Köln, aber nur wenn die drin bleiben,
denn da kriegt er richtig fett Kohle.
Ich hatte mir das Verhandeln über Spieler immer
ganz anders vorgestellt. Aber das war aufregend.
Zwischendrin versuchte ich, Prominente zu erkennen, aber
die, die die Fäden im Verein in der Hand haben, sind halt nicht so
oft im Fernsehen.
Ja, und dann war da was, das ich gar nicht verstand.
Da wollten die doch tatsächlich darüber abstimmen, ob Köln
in der Bundesliga bleiben darf oder nicht. Bei aller Distanz – so viel
Korruption hatte ich ehrlich nicht erwartet.
Ein Mann fragte: „Wer ist also contra Koalition?“
Nun, ich wäre schon gegen Köln gewesen, aber
zum Gehilfen der Korruption wollte ich mich dann doch nicht machen.
Der Mann zählte: „Vierzig.“
Dann sagte er: „Und wer ist contra Koalition?“
Und wieder sagte er zögernd: „Vierzig.“
Dann sah ich plötzlich, wie mein Freund Leo sich
an der Scheibe die Nase plattdrückte und wild in der Gegend herumgestikulierte,
als er mich sah. Ich strahlte und winkte ihm freundlich zu.
Da fingen plötzlich alle an zu klatschen, und der
Mann sagte: „Einundvierzig.“ Und das Fernsehen stürzte auf mich zu
und sagte mir, daß ich Köln gerettet hätte und sagte mir:
„Die Grünen haben es Ihnen zu verdanken, daß sie drin bleiben!“
Da sagte ich echt cool: „Na gut! Is klar! Hauptsache,
drin is er. Tor is Tor.“
Und dann bin ich natürlich ganz stolz heimgegangen
und hab gleich abends das Aktuelle Sportstudio geschaut, aber irgendwie
hab ich mein Interview verpaßt. Schade. Aber Köln kann ich dafür
wieder besser leiden.