www.albrecht-reuss.de | Stand: 08.12.2008 | Impressum
Nur Alkohol und Drogen machen süchtiger als Fußball.
Doch einen neuartige Abart des Fußballsports macht am allersüchtigsten:
der Computerfußball.
Vielleicht macht es deshalb so süchtig, weil es
in seinen Funktionen sehr eingeschränkt ist und man daher sein Leben
lang versucht, Schranken zu durchbrechen, die einfach nicht zu durchbrechen
sind. Eine dieser Schranken ist die Fünfer-Abwehrkette meines Nachbars.
Ein Reporter müßte sich etwa so ausdrücken:
„Meine Damen und Herren, ich darf Sie herzlich begrüßen zu dem
großen Finale im Maltesischen Fußballpokal zwischen den Mannschaften
von Universa Haifa in Blau und Maltesa Haifa in Rot. Das Finale ist eine
Neuauflage aus dem vorigen Jahr und dem vorvorigen und den dreiundzwanzig
Jahren zuvor. Das ist – welch ein Zufall– auch genau die Amtszeit der beiden
Trainer: Elias Kuke bei Universa und Albrecht Reuß bei Maltesa.
Daß gerade diese beiden Mannschaften in den letzten
25 Jahren das Cupfinale bestritten haben, ist nicht weiter verwunderlich,
gibt es doch in Malta nur diesen beiden Teams. Verwunderlicher ist da schon,
daß Universa sämtliche bisherigen Spiele mit 5:0 für sich
entscheiden konnte, wobei 125 Mal der Torschütze Popidescu hieß.
Noch ein Wort zu den beiden Trainern. Sie sind beide
alte Hasen im Geschäft. Kuke ist der erfolgreichere von beiden. Er
hat – wie gesagt – 25 Mal das maltesische Cupfinale gewonnen, davor 34
Mal das Schottische und 12 Mal das Italienische und unzählige Male
das Europäische und das Schweizerische und das Deutsche und Französische
und Spanische und Englische und Norwegische. Er ist nun schon seit rund
300 Jahren im Amt und hat dabei in jedem Jahr einen Titel gewonnen.
Etwas anders liest sich der Lebenslauf von Reuß.
Er hat – wie gesagt – 25 Mal das maltesische Cupfinale verloren, davor
34 Mal das Schottische und 12 Mal das Italienische und unzählige Male
das Europäische und das Schweizerische und das Deutsche und Französische
und Spanische und Englische und Norwegische. Wie Kuke ist er schon seit
rund 300 Jahren im Amt, konnte aber noch keinen Titel gewinnen.
Und da betreten die Mannschaften auch schon das Spielfeld.
Die beiden Trainer schauen sich grimmig in die Augen. Kuke faselt irgendwas
von ‘Bayern’ und ‘letzten Samstag’, während sich auf Reuß’ Stirn
die ersten Schweißperlen bilden. Seine Haltung bringt äußerste
Konzentration zum Ausdruck.
Universa spielt wie gewohnt im erfolgreichen 5-3-2-System,
während Reuß alle seine Mannschaften auf das moderne 4-4-2-System
einschwört.
Da ist der Anpfiff, meine Damen und Herren! Universa
spielt den Ball auf die rechte Abwehrseite, von dort kommt ein langer,
angeschnittener Ball in die Spitze, die Abwehr von Maltesa ist zu weit
aufgerückt, der Stürmer Popidescu läuft ganz alleine aufs
Tor und schießt trocken ins rechte obere Kreuzeck. 1:0 für Universa
nach exakt sieben Sekunden. Das kann ja heiter werden für Maltesa!
Die Mannschaft erwischt häufig einen schlechten Start, laut Statistik
fingen sie sich in den vorangegangenen Spielen auch immer nach sieben Sekunden
das erste Gegentor.
‘Das liegt an deiner Viererkette’, fachsimpelt Kuke mit
seinem Kollegen.
‘Das liegt an der Schnelligkeit deines Stürmers’,
fachsimpelt Reuß zurück.
Jetzt bäumt sich Maltesa auf, nützt seine Überzahl
im Mittelfeld, bleibt aber nach 1:07 Minuten wie üblich am Libero
von Universa hängen, der spielt den Ball hinüber zum rechten
Verteidiger, von dort kommt ein langer, angeschnittener Ball in die Spitze,
die Abwehr von Maltesa ist zu weit aufgerückt, der Stürmer Popidescu
läuft ganz alleine aufs Tor und schießt trocken ins rechte obere
Kreuzeck. 2:0 für Universa.
Ich kann gleich vorweg nehmen: Dasselbe wird noch drei
Mal passieren, und zwar genau nach 2:54 Minuten, 3:07 Minuten und 5:11
Minuten. Alle Tore werden nach langen, angeschnittenen Bällen von
der rechten Abwehrseite fallen, nachdem die Abwehr von Maltesa zu weit
aufgerückt war.
Danach wird Reuß verzweifelt sein und einen neuen
Klub in Polen suchen, um endlich einen Pokal zu gewinnen und ein Tor zu
schießen. Das wird ihm nicht gelingen, weil auch Kuke – nicht verzweifelt,
sondern hämische Witze reißend – nach Polen wechseln und Reuß
in den Pokalfinals mit 5:0 besiegen wird.
Damit verabschiede ich mich hier aus Haifa und rufe Ihnen
zu: Schalten Sie auch das nächste Mal wieder ein und erleben sie ein
spannendes Fußballfest! Denn kein Spiel ist so unberechenbar wie
Fußball!“