www.albrecht-reuss.de | Stand: 12.12.2008 | Impressum
Parties und Studieren – diese beiden Worte sind seit je
her untrennbar miteinander verbunden. Also brauche ich einleitend nicht
einmal zu erwähnen, dass sich diese Geschichte auf Lisas Party abgespielt
hat. Doch keine Party ohne Anlass. Diesmal taten wir so, als würde
Lisa fünfundzwanzig.
Zwei weitere Begriffspaare sind ebenso sehr eng miteinander
verbunden. Männer und Fußball sowie Männer und Saufen.
Das Problem ist nur: Was bleibt dann für die Frauen? Genau aus dem
Grund halten sich moderne Männer zurück, verzichten auf die nicht
gar so heilige der Aktivitäten und reden nur noch über Fußball.
Das Saufen übernehmen die Frauen. Dann haben die Männer genau
so viel Spaß.
Die Tür ging auf an diesem Freitagabend, Lisa empfing
mich mit Bierflasche in der Hand, ich übergab ihr brav mein Geschenk,
verzog mich dann aber sogleich in die Männerecke der Paar-wenige-Quadratmeter-Wohnung,
denn der Basler-Mario war doch soeben nach Kaiserslautern gewechselt, da
musste man schon im einzelnen überlegen, welche Auswirkungen das auf
Lautern, die Bayern, die Meisterschaft, die Bundesliga, jeden einzelnen
Trainer und jeden einzelnen Zuschauer haben würde. Zuschauer gibt
es im bezahlten Fußball ziemlich viele, sonst wäre er nicht
bezahlt, daher bahnte sich ein abendfüllendes Diskussionsthema an.
„Der Basler wird doch nimmermehr fit!“, begann ich die
Diskussion und nahm nur von Ferne noch den Dank für mein Geschenk
wahr, ein Getränk würde ich auch den ganzen Abend nicht vor mir
stehen haben, man kommt halt nicht zu allem auf solchen Parties.
Das Geschenk bestand übrigens aus zwei knallgelben
Espresso-Tassen, korrespondierend mit einer Espress-Maschine, die Gabi
geschenkt hatte. Die Folge davon war, dass die Frauenfraktion später
nach Espresso lächzen sollte, um das viele Bier besser zu ertragen,
welch Trugschluss, doch dazu später.
Denn noch war ich damit beschäftigt, meinen Kollegen
zu erklären, dass bei Baslers Schuhfarbe keinerlei Aussicht darauf
bestünde, vom dritten Fan von links in Reihe 12 des Blockes B ins
Herz geschlossen zu werden. Derweil kippten sich die Mädels die ersten
paar Tekillas hinter die Binde und begannen schon damit, lustige Fotos
zu schießen.
Schießen, da kamen wir schon wieder zum Thema zurück,
nein, Tore schießen würde der Basler sicher nicht, wie den auch,
um bei meiner Theorie zu bleiben, bei der Schuhfarbe. Logik ist ja etwas,
das wurde nicht auf dem Fußballplatz erfunden.
Die Mädchen kippten Tekilla sieben und acht und
löschten mit Bier, verständlich aus meiner Sicht, denn was soll
man auch tun, wenn man nicht über Fußball reden kann. Der wahre
Grund für den erneuten Alkoholgenuss war ein anderer gewesen: Frust.
Frust, nein, nicht etwa über die männlichen Partygäste,
sondern über die lieblichen Geschenke der Freundin Heidi, die das
zarte Menschenalter 25 offensichtlich mit dem beängstigenden Bananenalter
25 verwechselt hatte und dem Ausdruck gegeben hatte durch gut gemeinte
Präsente wie Büroklammern, um die überschüssige Gesichtshaut
hinter den Ohren fest zu machen, oder einem abgelaufenen Kondom, das ernste
Folgen haben sollte, aber nicht in der Weise, wie der obszöne Leser
das vielleicht erwarten oder erhoffen würde, nein, schwäbischer
irgendwie.
Warum im Übrigen gerade ein abgelaufenes Kondom
zum Geschenk aufgestiegen war, habe ich leider nicht erfahren, und schuld
daran war nicht Baslers Schuss-technik, sondern der einfache Umstand, dass
Lisa sich bis auf den heutigen Tag nicht traut, den Inhalt des dazugehörigen
Kärtchens zu offenbaren.
Die Mädchen tranken Bierkiste fünf und sechs,
begannen auf Tischen zu tanzen und noch lustigere Fotos zu machen, und
die Männerriege debattierte über Baslers Haarpracht – und das
Kondom schrieb Geschichte.
Und zwar schlicht dadurch, dass die Espressomaschine
nicht funktionierte. In Ermangelung des serienmäßigen Dichtungsring
rann der Espresso auf die Herdplatte anstatt in das vorgesehene Behältnis,
die Damen rätselten und tranken, ich redete über König Otto
und Fernseh-rechte, bekam gar nicht bewusst mit, dass der Schwabe, ein
Tüftler, wie man weiß, in mir hoch kam und zwischen „Ball“ und
„Tor“ auf unerklärliche Weise „nehmt doch das Kondom“ einwarf und
damit eine Katastrophe auslöste. Denn natürlich dachten die Mädels,
dem Dutzend an Promillen nahe: „Klar! Wenn ein Schwabentüftler das
sagt!“, nahmen das alte Kondom, legten es ums Gewinde, und siehe da, eine
weitere Innovation aus dem Ländle war geboren, die Maschine funktionierte!
Die inzwischen schon leichter bekleideten Mädchen
– daher die Männer-Freuden auch ohne Alkohol – tranken genüsslich
eine Runde Espresso, tanzten und verschütteten welchen, machten durch
und durch lustige Fotos, die Männer redeten über Bälle und
Effet, die zweite Runde Espresso wurde aufgesetzt, und unauffällig,
aber bedeutsam: Das Kondom schmolz dahin.
Giftige Dämpfe krochen aus der Maschine, die Männer
redeten plötzlich über bengalische Feuer, bemerkten aber zum
Glück, dass sich die Realität in ihre Überlegungen eingemischt
hatte. Sie erkannten die Situation und den damit verbundenen Handlungsbedarf,
erkannten aber ebenso die Handlungsunfähigkeit der weiblichen Partygäste,
die sich nicht beirren ließen angesichts der Vergiftungsgefahr. Was
also tun? Ganz einfach: Heimgehen, von Fußball träumen, und
die Mädchen in die Disco schicken.
Dann kann das Kondom ausdampfen bis am anderen Tag. Denn
dass die Mädchen etwa wieder heim finden könnten – die Gefahr
besteht nicht.