www.albrecht-reuss.de | Stand: 12.12.2008 | Impressum

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Muttersorgen

Vorbemerkung: Da viele Leser annehmen, alle Geschichten, die ich festhalte, habe das Leben, und zwar meines, geschrieben, sehe ich mich gezwungen, darauf hinzuweisen, daß folgende Geschichte nicht meinem, sondern eines anderen Leben entspringt. Als Beweis dafür möge die Feststellung genügen, daß auf dieser Erde noch kein 21jähriger in siebter Ehe gesehen worden ist.
Meine Mutter ist ´ne wahrhaft klasse Frau. Immer habe ich mir gewünscht, so eine auch mal als Ehefrau abzukriegen. Bisher hat´s nicht so recht geklappt. Aber meine Mutter hilft wenigstens beim auswählen.
Meine erste Frau hieß Silke. Ich lernte sie kennen während meines Physikstudiums in München. Wir waren viele Jahre zusammen und hatten eine Beziehung, die alles bot zwischen Kumpelei und Romantik. Wir hatten uns schon in München verlobt, und nach dem Ende des Studiums wollten wir zu Hause in Geislingen heiraten. Es war der schönste Tag meines Lebens. Da nach dem wundervollen Fest der Hochzeit der eheliche Alltag aber allerhand Probleme mit sich bringt, hat meine Mutter treusorgenderweise das eine oder andere Mal – am Tag – vorbeigeschaut und wertvolle Tips gegeben. Oft blieb sie auch über Nacht, weil sie nachts schlecht Auto fährt, und wunderte sich, daß einfach kein Kind auf dem Weg war. Für mich war´s trotzdem ein Paradies, nur Silke lief davon, weil meine Mutter auf mehr Salz im Auflauf bestanden hatte. Damit war für mich klar: Silke war eh zu kleinlich gewesen.
Marion war aus anderem Holz geschnitzt. Stark, groß, selbstbewußt. Bis meine Mutter ihr neue Kleider mitbrachte. Danach hatte sie ein gespaltenes Verhältnis zu meiner Mutter, was dazu führte, daß Marion auswärts schlief, wenn meine Mutter bei uns übernachtete. Eines Morgens kam Marion nicht wieder.
Ich hatte mittlerweile eine Professur an der Universität Ulm. Meine Arbeit nahm mich sehr in Anspruch, doch eine Frau steht auch einem Professor gut an. Also verliebte ich mich in Annelie. Im Nachhinein muß ich sagen: Das war ein Fehler. Zum Glück korrigierte meine liebe Mutter das Mißverständnis und richtete unsere Wohnung neu ein, als Annelie beim Frisör war.
Dorothea verkraftete es nicht, daß meine Mutter inzwischen bei uns putzte. Angelika nahm es meiner Mutter sehr übel, daß sie einmal beim Abendessen wie beiläufig sagte: „Ich hab euch einen Urlaub in Polen organisiert.“ Angelika haßte Polen. Dabei meinte es meine Mutter doch immer so gut.
Hannah war wirklich gutmütig. Um sie tut es mir echt leid. Sie ging gerne mit meiner Mutter einkaufen, kochte und wusch mit ihr, ließ sich von ihr vorsorglich in mütterlichen Fragen beraten und stellte meiner Mutter sogar ihre neue Nähmaschine zur Verfügung. Traute Dreisamkeit bestimmte meinen Alltag, wenn ich nach Hause kam. Bald sollte sich Viersamkeit einstellen.
Doch meine Mutter und ich standen wieder zu zweit da, als Hannah den Namen Aurora nicht für das Kind akzeptieren wollte. Ich hätte Gabi auch besser gefunden.
Jetzt habe ich mich mit Kerstin verlobt. Ich habe ein gutes Gefühl. Auch meine Mutter hat aus früheren Ehen gelernt und sich vorgenommen, frühere Fehler nicht mehr zu wiederholen. Damit sie meine Frau richtig kennenlernt und meine Frau uns richtig kennenlernt, ist sie gleich mitgekommen auf die Hochzeitsreise.