www.albrecht-reuss.de | Stand: 12.12.2008 | Impressum
Erst anmelden, dann einschalten. So lautet schon seit
Jahren der nervtötende Werbespruch einer gewissen GEZ, die für
die Unverschämtheit, daß ich mich in aller Herrgottsfrühe
– um 8.00 Uhr – von den Nachrichten auf Radio 91,2 aus dem Schlaf reisen
lassen muß, auch noch Geld will. Was ‘einschalten’ ist, weiß
wohl jeder. Was aber ist ‘anmelden’? Das hat meines Wissens noch niemand
gemacht. Ist auch kein Wunder. Ich war der erste, der es versucht hat.
Ich selbst habe natürlich keine Gewissenbisse bei
der Vorstellung, daß mein CD-Player auch eine Radio-Funktion hat
und mein Wecker spricht und Musik macht, anstatt zu klingeln. Aber – so
hat man mir erzählt – es soll da ganz heiße Hunde geben, die
sich GEZ-Mitarbeiter nennen und unvermittelt in Deiner Wohnung stehen,
um Dir zu erklären, daß Du zwei Radiogeräte besitzt, die
Du eigentlich anmelden solltest.
Weil ich ein ängstlicher, kleinbürgerlicher
Student bin und Angst vor Hunden habe, habe ich mich entschlossen, meinen
CD-Spieler und meinen Wecker anzumelden. Das war ein Fehler. Denn es führte
zu einer dieser typischen Geschichten über die Hetzerei von Büro
zu Büro, die eher langweilig als satirisch-komisch sind, doch das
Satire-Schreiben ist oft der einzige Weg, diese anödenden Nachmittage
zu verarbeiten. Deshalb müssen wir auch hier durch:
Ich hatte mich also im festen Glauben auf mein Fahrrad
geschwungen, in einer Großstadt mit 600 000 Einwohner zu leben, in
der täglich etwa 500 Menschen ein Rundfunkgerät anmelden, und
in der kundenfreundliche Ladenöffnungszeiten sowie eine
ausgezeichnete Infrastruktur vorherrschen.
Letztere Vorstellung hatte ich bereits ad acta gelegt.
Ich mußte mich mit meinem Fahrrad zwei Kilometer durch die Einöde
kämpfen, um an die nächste Ansammlung von Gebäuden mit gewerblicher
Nutzung (Raumplanerausdruck) zu gelangen. Dies gestaltete sich schon in
der Weise als nervlich anstrengend, als Dortmund über ein sehr unzureichendes
System an Radwegen verfügt, die gerne überraschend durch Laternenpfähle
oder parkende Autos unterbrochen werden, hingegen aber eine durchaus beträchtliche
Zahl an schweißtreibenden Hügeln anzubieten hat und einem die
Fahrt überdies mit dem Anblick und Geruch idyllischer, überirdischer
Kanalisationssysteme versüßt.
Ich wußte zu diesem Zeitpunkt noch nicht genau,
wo ich mein Geld loswerden wollte, hatte aber im Hinterkopf, daß
Post und Rundfunk zumindest vor den Zeiten der Telekom AGs, Deutschen Bahn
AGs und dergleichen mal etwas miteinander zu tun gehabt hatten. Daher war
die Deutsche Post AG-Filiale Dortmund-Hombruch meine erste Anlaufstation.
Ich stellte mein Fahrrad ab, schloß es ab, betrat schweißtriefend
den Schalterraum, erfuhr, daß es die Formulare inzwischen bei den
Banken gibt, daß das aber kein Problem sei, da es in der Fußgängerzone
von Banken wimmele, und so verließ ich die Filiale kurz nach 16 Uhr
wieder schweißtriefend, aber zuversichtlich.
Danach schloß ich mein Fahrrad auf, fuhr schweißtriefend
zur Deutschen Bank, stellte mein Fahrrad ab, schloß es ab, stellte
fest, daß die Deutsche Bank nachmittags nur bis 16 Uhr geöffnet
hat, schloß mein Fahrrad auf, fuhr schweißtriefend zur Volksbank,
stellte mein Fahrrad ab, schloß es ab, stellte fest, daß die
Volksbank nachmittags nur bis 16 Uhr geöffnet hat (langweilig, oder?),
schloß mein Fahrrad auf, fuhr schweißtriefend zur Dresdner
Bank, stellte mein Fahrrad ab, schloß es ab, stellte fest, daß
die Dresdner Bank nachmittags nur bis 15.30 Uhr geöffnet hat (ziemlich
langweilig, oder?), schloß mein Fahrrad auf, fuhr schweißtriefend
zur Citibank, stellte mein Fahrrad ab, schloß es ab, stellte fest,
daß die Citibank zwar geöffnet, hingegen leider nur noch Antragsformulare
zur Abmeldung von Rundfunkgeräten hatte (überhaupt nicht witzig,
oder?), schloß mein Fahrrad auf, fuhr schweißtriefend zur Sparkasse,
stellte mein Fahrrad ab, schloß es ab, und sollte doch noch glücklich
werden. Schweißtriefend brachte ich am Schalter mein Anliegen vor.
Der Angestellte, der mich bediente, verschwand zu seinem Chef, beriet sich,
kam zu dem Schluß, daß die Formulare auf der Schaltertheke
liegen mußten – und da waren sie dann auch!
Was mich etwas betrübte: Damit war mein Radio noch
nicht angemeldet, sondern ich hielt lediglich einen Wisch in der Hand,
dessen Handhabe ich noch zu entschlüsseln hatte und dann der GEZ nach
Köln senden mußte.
Ich schwitzte also mit dem Rad nach Hause und machte
mich über das Formular her. Witzig wäre gewesen, wenn meine Schweißtropfen
alles verwischt hätten und ich mir ein neues Formular besorgen hätte
müssen. Doch leider füllte ich schlichtweg die falsche Spalte
für „Gewerbliche Nutzung“ aus, was wieder zu beheben war und einiges
weniger witzig ist. Dann schickte ich das Papier nach Köln.
Jetzt sitze ich und warte, wieviel mir diese mysteriöse
GEZ für meine CD-Anlage berechnen will. Ob ich als erster Kunde ein
Geschenk erhalte? Mittlerweile habe ich von meinem Nachbarn erfahren, daß
ich Chancen auf eine Befreiung von den Rundfunkgebühren habe, wenn
ich es auf dem Sozialamt beantrage. Ich will gar nicht daran denken, was
da auf mich zukommt.