www.albrecht-reuss.de | Stand: 12.12.2008 | Impressum

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Sprachvoraussetzungen

Ich bin ja nun ein Dortmunder, würde aber trotzdem gerne weiterhin für Schwäbisches Publikum schreiben. Damit man mich weiterhin verstehen kann, gebe ich zunächst einmal eine Einführung in die Ruhrpöttische Sprache.
Diese ist zunächst sehr deutlich. So werden beispielsweise Ñtì und Ñsì so gesprochen, wie man es im Süden in einem Chor zunächst erlernen muß. Auch das Ñrì und das Ñbì sind gewöhnlich sehr sauber gesprochen, wie auch das Ñcì, Ñdì, Ñfì, Ñhì, Ñjì, Ñkì, Ñlì, Ñmì, Ñnì und einige weitere Buchstaben.  Das Ñchì wird gerne außerordentlich betont. Das ist allerdings nicht allen Schwaben fremd, sagen doch einige mit Vorliebe Ñwelcherì oder ÑMilchì (leicht krächzend). Manchmal übertreiben die Dortmunder es allerdings mit der Deutlichkeit, nämlich wenn es um Vokale, also Selbstlaute geht. Diese ziehen sie gerne in die Länge, verziehen sie in Richtung des Ñaì - und was noch schlimmer ist: Sie sprechen sie aus! Es gibt kein Ñessnì, Ñtrinknì und Ñschlafnì mehr, um nicht zu sagen: Essa, tringa uní schlofa.
Schlampig werden sie hier nur, wenn es um ein Ñgì geht. Da sagen sie schlicht Ñchì - Bahnsteich, Tach, Hühnerchechacker.
Die Wortwahl hingegen ist langweilig. Um ihre Befindlichkeit auszudrücken, haben die Pötter nur zwei Möglichkeiten: scheiße oder superscheiße. Und um einfachste Sachverhalte darzustellen, benötigen die Menschen hier in der Folge viel zu viele Worte. Sagt zum Beispiel ein Schwabe in einem Wort: ÑGibsch-mol-bidde-dr-Buddr-rübrì, so benötigt der Pötter schon neun: ÑWürdest Du mir mal eben bitte die Butter rüberreichen.ì
Wenn ein Schwabe ñ genauer: ein Schwabe, der stolz ist auf seine Sprache ñ etwa nach Köln kommt (nur mal angenommen...), kann er dort jede peinliche Unterhaltungspause beim Frühstück mit einem einzigen Wort wegwischen: ÑíS-Xälz-isch-heit-abbr-läpprig!ì Und schon biegen sich die Frühstückenden vor Lachen. Man verabschiedet sich mittlerweile schon in weiten Teilen Kölns mit ÑAdeleì.
Am spannendsten ist es also immer dann, wenn unterschiedliche Wortschätze aufeinanderprallen. ÑGellì kennt hier zum Beispiel niemand, nich.
Um all diese oben beschriebenen Schwierigkeiten und Deutlichkeiten in einer Sprache unterzubringen, ist eine gigantische Geschwindigkeit von Nöten. Nach dem ersten Tag trug ich ñ beim Versuch, mit dem Tempo mitzuhalten ñ einen schmerzhaften Muskelkater in der Wange davon. Ja, auch dort gibt es Muskeln.
Doch wie überall gilt auch hier: Übung macht den Meister. Ich für meine Person übe an 24 Stunden des Tages. Und manchmal klappt es auch schon ganz gut. Als ich kürzlich am Bahnhof eine Karte lösen wollte, konzentrierte ich mich schon lange vorher auf meinen Satz: ÑIch hätte gerne eine Fahrkarte nach Kölnì undsoweiter, doch als ich schließlich an der Reihe war, kostete das ÑIch hätte gerneì schon so viel Kraft, daß ich den ganzen restlichen Satz nicht mehr wußte. Vielleicht schaffe ich es nächstes Mal schon bis: ÑIch hätte gerne eineì. Man darf nie zu früh aufgeben.
Um abschließend das Ruhrpöttisch noch anschaulich darzustellen, werde ich versuchen, den ersten Absatz meines Textes so zu schreiben, wie ihn ein Pötter lesen würde:
Ich binn ja nun ein Toatmunder, würde aberr trotztem geane weiterchin für Shwebishes Puplikum shraiben. Tamit man mich weiterchin vershtehen  kann, gebe ich zunechst (nicht: zunäxt)  ainmal eine Ainführung in die Rruhrpöttishe Shprache.